Wann entfällt die unterhaltsberechtigte Person ?

Johann Tillich • 6. August 2025

Insolvenzverwalter stellen oft den Antrag bei Gericht!

Immer wieder stellen Insolvenzverwalter beim Insolvenzgericht den Antrag, unterhaltsberechtigte Personen bei der Berechnung herauszunehmen, da diese eigenes Einkommen haben. In vielen Fällen wird dieser Wunsch von den Gerichten entsprochen.

Grundsätzlich ist jeder unterhaltsberechtigt, der unter dem Pfändungsfreibetrag liegt. Dies ist leider nicht so.

Wie sieht nun die Rechtslage aus?

Es gibt keinen festen, gesetzlich definierten Euro-Betrag, ab dem ein Insolvenzgericht pauschal annimmt, dass eine unterhaltsberechtigte Person sich selbst versorgen kann. Die Beurteilung erfolgt immer im Rahmen einer Einzelfallprüfung.

Die entscheidende Frage ist, ob die unterhaltsberechtigte Person "bedürftig" im Sinne des Unterhaltsrechts ist. Diese Bedürftigkeit entfällt, wenn die Person aus eigenen Einkünften und eigenem Vermögen ihren gesamten Lebensbedarf decken kann.

Rechtlicher Rahmen und Bewertungskriterien
Die Grundlage für die Unterhaltspflicht findet sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist hierbei ein zentraler Aspekt. (§ 1603 BGB - Leistungsfähigkeit) (1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

Das Insolvenzgericht prüft nicht originär die Höhe des Unterhaltsanspruchs. Es orientiert sich an bestehenden Unterhaltstiteln (z.B. Gerichtsurteile, Jugendamtsurkunden). Die Frage, ob eine unterhaltsberechtigte Person sich selbst versorgen kann, wird relevant, wenn der Schuldner (also die unterhaltspflichtige Person in der Insolvenz) beantragt, dass diese Unterhaltspflicht bei der Berechnung seines pfändbaren Einkommens nicht mehr (oder in geringerer Höhe) berücksichtigt wird.

Folgende Faktoren werden bei der Prüfung der Selbstversorgungsfähigkeit der unterhaltsberechtigten Person herangezogen:

Eigenes Einkommen:
Das gesamte Nettoeinkommen aus Erwerbstätigkeit.
Einkünfte aus Vermietung, Kapitalvermögen oder sonstigen Quellen.
Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld, Bürgergeld oder Wohngeld.
Eigener Bedarf (Selbstbehalt):

Als Orientierung dient der sogenannte notwendige Selbstbehalt aus der Düsseldorfer Tabelle. Dieser Betrag soll das Existenzminimum der unterhaltsberechtigten Person sichern.
Für eine erwerbstätige Person liegt dieser Selbstbehalt aktuell bei 1.200 Euro pro Monat. Für eine nicht erwerbstätige Person bei 960 Euro (Stand 2024).
Als Faustregel gilt: Wenn das anrechenbare Nettoeinkommen der unterhaltsberechtigten Person ihren eigenen notwendigen Selbstbehalt erreicht oder übersteigt, wird in der Regel davon ausgegangen, dass sie nicht mehr bedürftig ist und sich selbst unterhalten kann.

Wohnvorteil:
Wenn die unterhaltsberechtigte Person mietfrei in einer eigenen Immobilie wohnt, wird ihr ein "Wohnvorteil" als fiktives Einkommen angerechnet.

Vermögen:
Die unterhaltsberechtigte Person ist verpflichtet, auch den Stamm ihres Vermögens zur Deckung ihres Bedarfs einzusetzen. Es gibt jedoch Schonvermögen (z.B. für die Altersvorsorge oder ein angemessenes Auto), dessen Höhe im Einzelfall bestimmt wird.

Ablauf im Insolvenzverfahren
Ausgangslage: Der Schuldner hat eine gesetzliche Unterhaltspflicht, die bei der Berechnung seines unpfändbaren Einkommens nach § 850d ZPO berücksichtigt wird. Dadurch erhöht sich der Betrag, den der Schuldner für sich behalten darf.
Änderung der Verhältnisse: Die unterhaltsberechtigte Person erzielt nun eigenes Einkommen (z.B. durch Aufnahme einer Arbeit).
Antrag des /Insolvenzverwalters: Der Insolvenzverwalter kann  beim Insolvenzgericht einen Antrag auf Abänderung des bestehenden Unterhaltstitels stellen. Es muss nachgewiesen werden, dass die Bedürftigkeit der unterhaltsberechtigten Person entfallen ist.
Entscheidung: Das Insolvenzgericht prüft die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der unterhaltsberechtigten Person. Stellt es fest, dass diese ihren Bedarf selbst decken kann, hebt es den Unterhaltstitel auf oder setzt ihn herab.
Folge für das Insolvenzverfahren: Mit dem geänderten oder aufgehobenen Titel entfällt die Berücksichtigung der Unterhaltspflicht bei der Pfändungsberechnung. Dem Schuldner verbleibt ein geringerer Betrag, und es fließt mehr Geld in die Insolvenzmasse.

Zusammenfassung

Fester Betrag Es gibt keinen gesetzlich festgelegten Betrag.
Entscheidende Größe Der notwendige Selbstbehalt der unterhaltsberechtigten Person (ca. 1.200 € für Erwerbstätige).
Prüfung Immer eine Einzelfallentscheidung durch das Familiengericht.
Maßgebliche Faktoren Gesamtes Einkommen, Vermögen, Wohnvorteil und individuelle Verbindlichkeiten der unterhaltsberechtigten Person.
Verfahren Der Insolvenzverwalter muss einen Antrag beim Insolvenzgericht einreichen, um die Unterhaltspflicht neu bewerten zu lassen.






von Johann Tillich 31. Juli 2025
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von Johann Tillich 24. Juli 2025
Dies wird oft auch als "Bürgerkonto" oder "Jedermann-Konto" bezeichnet. Wenn eine Bank die Eröffnung eines solchen Kontos verweigert, handelt sie möglicherweise rechtswidrig. Nachfolgend finden Sie eine detaillierte Analyse der Rechtslage und Ihrer Handlungsoptionen. 1. Welche Banken müssen ein Basiskonto einrichten? Grundsätzlich ist jedes Kreditinstitut, das in Deutschland Zahlungskonten für Verbraucher anbietet, gesetzlich verpflichtet, auf Antrag ein Basiskonto zu eröffnen und zu führen. Dies ist im Zahlungskontengesetz (ZKG) geregelt. Die Verpflichtung gilt für: Sparkassen und Landesbanken Genossenschaftsbanken (z.B. Volks- und Raiffeisenbanken) Private Geschäftsbanken (z.B. Deutsche Bank, Commerzbank) Direktbanken, die online tätig sind Die Verpflichtung ist also sehr weitreichend und erfasst nahezu alle Banken, die für Privatkunden in Deutschland tätig sind. 2. Wie ist die Rechtslage? (Anspruch und Ablehnungsgründe) Die Rechtslage ist eindeutig zugunsten der Verbraucher geregelt. (§ 4 ZKG - Anspruch auf Abschluss eines Basiskontovertrags) Ihr Anspruch auf ein Basiskonto ist ein einklagbarer Rechtsanspruch. Die Bank kann den Antrag nicht ohne triftigen, gesetzlich definierten Grund ablehnen. Was muss ein Basiskonto leisten? Ein Basiskonto ist ein vollwertiges Girokonto, das alle grundlegenden Zahlungsfunktionen umfassen muss (§ 2 ZKG): Einzahlungen und Auszahlungen (am Schalter oder an Geldautomaten) Lastschriften, Überweisungen und Daueraufträge Nutzung einer Zahlungskarte (z.B. Girocard) Ein Dispositionskredit (Überziehung) muss jedoch nicht gewährt werden. Die Kontoführung erfolgt üblicherweise auf Guthabenbasis. Wann darf eine Bank den Antrag ablehnen? Eine Ablehnung ist nur in wenigen, eng definierten Ausnahmefällen zulässig (§ 15 ZKG). Die häufigsten Gründe sind: Sie besitzen bereits ein nutzbares Zahlungskonto bei einer anderen Bank in Deutschland, es sei denn, Ihnen wird die Kündigung dieses Kontos nahegelegt. Sie haben sich innerhalb der letzten drei Jahre vor Antragstellung einer vorsätzlichen Straftat zum Nachteil der betreffenden Bank, ihrer Mitarbeiter oder Kunden schuldig gemacht. Sie waren bereits Inhaber eines Basiskontos bei derselben Bank, und dieses wurde in den letzten 12 Monaten wegen Zahlungsverzugs bei den Kontoführungsgebühren oder wegen missbräuchlicher Nutzung (z.B. für illegale Zwecke) gekündigt. Sie können sich nicht mittels eines gültigen Dokuments identifizieren. Die Bank muss Ihnen eine Ablehnung unverzüglich, spätestens aber nach 10 Geschäftstagen, schriftlich und kostenlos begründen. Allgemeine Begründungen wie "schlechte Schufa" oder "interne Geschäftsentscheidung" sind für die Ablehnung eines Basiskontos unzulässig. 3. Was können Sie tun, wenn die Bank sich weigert? Sie müssen die Ablehnung nicht akzeptieren. Es gibt ein klares, gestuftes Verfahren: Schritt 1: Formeller Antrag und schriftliche Begründung Stellen Sie sicher, dass Sie bei der Bank einen formellen Antrag auf Eröffnung eines Basiskontos gestellt haben (nutzen Sie exakt diesen Begriff). Falls die Bank mündlich ablehnt, fordern Sie eine schriftliche, begründete Ablehnung an. Schritt 2: Das Verwaltungsverfahren bei der BaFin Der effektivste und kostengünstigste Weg ist die Einschaltung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Jeder Verbraucher kann bei der BaFin einen Antrag stellen, damit diese die Entscheidung der Bank überprüft und die Eröffnung des Kontos anordnet. Dieses Verfahren ist für Sie kostenlos. Ein Anwalt ist hierfür nicht zwingend erforderlich. Die BaFin kann die Bank anweisen, das Konto zu eröffnen. Weigert sich die Bank weiterhin, kann die BaFin Zwangsgelder verhängen. Informationen und das Antragsformular finden Sie direkt auf der Webseite der BaFin. Schritt 3: Zivilrechtliche Klage Sollte das Verfahren bei der BaFin nicht zum Erfolg führen oder Sie diesen Weg nicht wählen wollen, können Sie Ihren Anspruch vor dem zuständigen Amtsgericht einklagen. 4. Wer trägt die Anwaltskosten? Hier gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze: Außergerichtliche Tätigkeit: Wenn Sie einen Anwalt beauftragen, um die Bank zur Eröffnung des Kontos aufzufordern, müssen Sie die Kosten zunächst selbst tragen. Befindet sich die Bank jedoch bereits im Verzug (z.B., weil sie auf eine Fristsetzung nicht reagiert hat), können Sie diese Kosten später als Schadensersatz von der Bank zurückfordern. Gerichtliches Verfahren: Im Falle einer Klage gilt der Grundsatz: Wer verliert, zahlt. Wenn Sie den Prozess gewinnen, muss die Bank die gesamten Kosten des Verfahrens tragen, also die Gerichtskosten und Ihre Anwaltskosten. Verlieren Sie, müssen Sie die gegnerischen Anwaltskosten und die Gerichtskosten übernehmen. Da der Anspruch auf ein Basiskonto gesetzlich klar geregelt ist, sind die Erfolgsaussichten bei einer unberechtigten Ablehnung sehr hoch. Beratungs- und Prozesskostenhilfe: Sollten Sie über ein geringes Einkommen verfügen, haben Sie möglicherweise Anspruch auf staatliche Beratungshilfe für die außergerichtliche Tätigkeit oder Prozesskostenhilfe für ein Gerichtsverfahren. Ein Anwalt kann Sie hierzu beraten und den entsprechenden Antrag für Sie stellen. Empfehlung: Aufgrund der klaren Rechtslage und des kostenlosen Verfahrens bei der BaFin ist dies in der Regel der beste erste Schritt, bevor Sie einen Anwalt einschalten und ein Kostenrisiko eingehen.
von Johann Tillich 14. Juli 2025
Wie kann das verhindert werden?