Ehefrau gründet Restaurant neu – keine Haftung für Schulden des insolventen Mannes

Johann Tillich • 3. November 2025

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Immer wieder stellt sich in der Praxis die Frage, ob Ehepartner für die Schulden eines insolventen Unternehmers haften, wenn sie den früheren Betrieb unter demselben Namen fortführen. Die Antwort lautet in der Regel: Nein. Eine Neugründung unter gleicher Bezeichnung führt nicht automatisch zur Übernahme der alten Verbindlichkeiten.

Trennung von Personen und Unternehmen

Die Insolvenz betrifft ausschließlich das Vermögen und die Verbindlichkeiten des Schuldners – in diesem Fall des Ehemannes. Wird der Geschäftsbetrieb von der Ehefrau in Form eines neuen Gewerbes aufgenommen, entsteht ein rechtlich eigenständiges Unternehmen. Damit besteht keine automatische Haftung für die Altschulden des Mannes. Die Schulden sind Teil der Insolvenzmasse und werden ausschließlich über das Insolvenzverfahren abgewickelt.

Namensfortführung und § 25 HGB

Eine Haftung kann nach § 25 Handelsgesetzbuch (HGB) dann eintreten, wenn ein bestehendes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortgeführt wird. Diese Vorschrift greift jedoch nicht, wenn – wie im vorliegenden Fall – nach einer Insolvenz ein neues Unternehmen gegründet wird. Der Bundesgerichtshof stellt klar: Nach einer Insolvenz liegt keine echte Unternehmensfortführung mehr vor, sondern eine wirtschaftliche Neugründung. Die alte Firma gilt rechtlich als beendet.

Ausnahmen nur in Sonderfällen

Haftungsrisiken könnten sich allenfalls ergeben, wenn die Neugründung nur zum Schein erfolgt oder der insolvente Ehemann weiterhin die Geschäfte tatsächlich führt. Auch eine Übernahme wesentlicher Vermögenswerte aus der Insolvenz zu einem unrealistisch niedrigen Preis könnte im Einzelfall rechtliche Fragen aufwerfen. Grundsätzlich bleibt die neue Inhaberin jedoch haftungsfrei, solange sie klar und nachweislich ein eigenständiges Unternehmen betreibt.

Praktische Empfehlungen

Für Unternehmerinnen und Unternehmer in vergleichbaren Situationen gilt:

Das neue Gewerbe sollte klar auf den Namen der neuen Inhaberin laufen.

Geschäftskonten, Verträge und Buchhaltung müssen getrennt vom alten Betrieb geführt werden.

Eventuell übernommene Gegenstände sollten zu marktüblichen Preisen vom Insolvenzverwalter erworben werden.

Der insolvente Ehepartner sollte keine leitende Rolle im neuen Unternehmen einnehmen.

Fazit

Die Gründung eines neuen Restaurants durch die Ehefrau unter dem alten Namen des insolventen Mannes ist rechtlich unbedenklich, solange eine klare Trennung zwischen der alten Insolvenz und dem neuen Betrieb besteht. Eine automatische Haftungsübernahme für die Schulden des Ehemannes findet nicht statt.

von Johann Tillich 27. November 2025
Viele Verbraucherinnen und Verbraucher wissen nicht, dass Nachzahlungen von Krankengeld oder Verletztengeld trotz bestehender Kontopfändung geschützt werden können. Wird eine solche Nachzahlung auf ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) überwiesen und übersteigt sie den monatlichen Freibetrag, droht ohne rechtzeitige Maßnahmen die Auszahlung an Gläubiger. Der Schutz dieser Sozialleistungen ist jedoch möglich – er erfordert ein aktives Vorgehen. Lohnersatzleistungen grundsätzlich pfändbar – Nachzahlungen als Sonderfall Krankengeld und Verletztengeld gelten als Lohnersatzleistungen und unterliegen daher grundsätzlich der Pfändung wie Arbeitseinkommen. Der allgemeine Freibetrag auf einem P-Konto liegt seit dem 1. Juli 2024 bei 1.499,99 Euro und erhöht sich bei gesetzlichen Unterhaltspflichten. Problematisch wird es, wenn hohe Nachzahlungen eingehen, die sich aus rückwirkenden Ansprüchen ergeben – etwa wegen langer Bearbeitungszeiten bei Krankenkassen. In solchen Fällen überschreitet der Nachzahlungsbetrag regelmäßig die geschützten Freibeträge, sodass Kreditinstitute den übersteigenden Betrag an Gläubiger abführen müssten. Individueller Pfändungsschutz möglich Verbraucher können den Schutz dieser Leistungen jedoch beantragen. Voraussetzung ist ein individueller Antrag beim zuständigen Vollstreckungsgericht gemäß § 906 Zivilprozessordnung (ZPO). Das Gericht kann festlegen, dass der Nachzahlungsbetrag unpfändbar ist, da er dem Lebensunterhalt vergangener Zeiträume dient, für die die Leistung vorgesehen war. Der Weg zum Pfändungsschutz im Überblick: Formloser Antrag beim Vollstreckungsgericht: Betroffene müssen einen Antrag auf „Festsetzung eines unpfändbaren Betrages“ stellen. Begründung: Die Nachzahlung ist notwendig, um den Lebensunterhalt der Monate zu decken, für die die Leistungen bestimmt waren. Nachweise: Erforderlich sind u. a. der Bescheid der Krankenkasse, der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss sowie aktuelle Kontoauszüge. Schnelles Handeln: Der Antrag sollte unmittelbar nach Eingang der Nachzahlung gestellt werden, um eine Abführung an Gläubiger zu verhindern. P-Konto-Bescheinigungen von Schuldnerberatungen oder Arbeitgebern reichen in der Regel nicht aus, um Nachzahlungen vollständig zu schützen – ein gerichtlicher Beschluss ist meist zwingend erforderlich. Schuldnerberatung rät zu frühzeitiger Information Schuldnerberatungsstellen empfehlen, sich frühzeitig beraten zu lassen. „Viele Betroffene verlieren dringend benötigte Sozialleistungen, weil sie nicht wissen, dass Nachzahlungen individuell geschützt werden können“, so ein Sprecher des Vereins für Verbraucherentlastung (VfE). „Der Antrag beim Vollstreckungsgericht ist unkompliziert und verhindert oft existenzielle Härten.“ Fazit Nachzahlungen von Krankengeld und Verletztengeld müssen nicht automatisch an Gläubiger ausgekehrt werden. Mit einem begründeten Antrag beim Vollstreckungsgericht lässt sich der Betrag sichern und zur Deckung des Lebensunterhalts verwenden. Betroffene sollten zügig handeln und gegebenenfalls professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Für Rückfragen steht die Pressestelle des VfE gerne zur Verfügung.
von Johann Tillich 24. November 2025
Ein Pauschalhonorar von über 8.500 Euro für zwei wirkungslose Briefe alarmiert Verbraucherschützer, die vor sittenwidrigen Vergütungsvereinbarungen warnen. Wenn Menschen mit hohen Schulden professionelle Hilfe suchen, ist der Gang zum Rechtsanwalt oft der letzte Hoffnungsschimmer. Doch wie ein aktueller Fall aus [Region/Stadt] zeigt, kann genau dieser Schritt in eine noch tiefere Kostenfalle führen. Ein Mandant sollte für eine kaum erbrachte Leistung ein Honorar bezahlen, das Experten als eindeutig sittenwidrig einstufen. 8.568 Euro für zwei Briefe Der Fall selbst ist alltäglich: Ein verschuldeter Mann mit rund 90.000 Euro offenen Forderungen beauftragt einen Anwalt mit einer außergerichtlichen Schuldenbereinigung. Grundlage ist eine anscheinend seriöse Vergütungsvereinbarung. Die zentrale Klausel: Ein Pauschalhonorar von 8 % der Schuldsumme – insgesamt 7.200 Euro plus Umsatzsteuer, also 8.568 Euro. Doch die Tätigkeit des Anwalts bestand lediglich in zwei Schreiben an die Gläubiger – ohne jegliches Ergebnis. Weder wurde ein Vergleich erzielt noch ein Zahlungsaufschub erreicht. Die Rechnung kam trotzdem: der volle Betrag. Das Kleingedruckte: Klauseln, die stutzig machen Eine genaue Durchsicht der Vereinbarung offenbart problematische Regelungen. Unter anderem behielt sich der Anwalt vor, bei einem Vergleich zusätzlich die gesetzlichen Gebühren zu verlangen – also eine doppelte Vergütung. Besonders kritisch ist eine weitere Passage: Die Verhandlungen mit jedem einzelnen Gläubiger sollten als „eigene Angelegenheit“ abgerechnet werden können. „Dies ist ein klassischer Versuch, das Gebührenrecht auszuhebeln“, erklärt Dr. Eva Richter, Juristin der Verbraucherzentrale [Musterstadt]. „Rechtlich handelt es sich bei einer Schuldenbereinigung um eine einzige Angelegenheit. Die künstliche Aufspaltung dient allein dazu, die Gebühren unrechtmäßig zu vervielfachen.“ Gesetzliche Gebühren vs. Wucherpreis Nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) hätte der Anwalt rund 2.600 Euro abrechnen dürfen. Das Pauschalhonorar von 8.568 Euro übersteigt diesen Wert um mehr als das Dreifache – bei praktisch nicht vorhandener Leistung. „Ein solches Missverhältnis ist der Inbegriff der Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB“, so Richter. „Die Vereinbarung ist nichtig. Der Anwalt hat keinen Anspruch auf das Honorar. Bereits gezahlte Beträge können vollständig zurückgefordert werden.“ Warnsignale: Woran Schuldner unseriöse Honorare erkennen Verbraucherschützer warnen vor typischen Mustern, die auf überhöhte oder unwirksame Vergütungsvereinbarungen hinweisen: Ungewöhnlich hohe Pauschalhonorare, insbesondere prozentual zur Schuldsumme Keine Erfolgsabhängigkeit, obwohl hohe Fixbeträge verlangt werden Vage Zusatzklauseln, etwa „eigene Angelegenheit“ für jeden Gläubiger Zeitdruck bei Vertragsunterzeichnung Was Betroffene tun können Wer eine fragwürdige Rechnung erhalten hat, sollte keinesfalls vorschnell zahlen. Experten empfehlen: Schriftlich widersprechen – unter Verweis auf Sittenwidrigkeit. Rechtsanwaltskammer einschalten – die Schlichtungsstellen prüfen Rechnungen kostenlos. Zweitmeinung einholen – bei Verbraucherzentralen oder spezialisierten Anwälten. Der betroffene Mandant hat inzwischen die zuständige Rechtsanwaltskammer eingeschaltet und verlangt seine Zahlungen zurück. Ein wachsendes Problem Dem Verein für Existenzsicherung e.V. (VfE) sind mittlerweile mehrere Kanzleien bekannt, die ähnlich vorgehen und online aktiv für „professionelle Schuldenbereinigung“ werben. „Finger weg von Rechtsanwälten, die mit pauschalen Gebühren arbeiten“, warnt Johann Tillich vom VfE. „In vielen Fällen sind diese Vereinbarungen sittenwidrig und die Betroffenen zahlen für Leistungen, die ihnen überhaupt nicht helfen.“ Der betroffene Mandant hat inzwischen die zuständige Rechtsanwaltskammer eingeschaltet und fordert sein bereits gezahltes Geld zurück. Der Fall zeigt eindrücklich, dass Schuldner nicht nur bei ihren Gläubigern, sondern manchmal auch bei ihren Helfern genau hinschauen müssen.
von Johann Tillich 11. November 2025
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